Herzlich Willkommen in der Gaststätte „Zum Bauernhaus“.
Bei einem Besuch unserer Gaststätte befinden Sie sich auf der ausgedehnten ehemaligen Hofstelle von einem der sechs großen Bauernhöfe, die jahrhundertelang das Erscheinungsbild des Dorfes Biestow rund um die Kirche, den Dorfteich und das Pfarrgehöft prägten.
Hier wird seit mindestens 260 Jahren Gastronomie betrieben – als Raststätte an der früher hier vorbeiführenden Frachtstraße, als Dorfkrug der Biestower und der umliegenden Ortschaften und als beliebtes Ausflugslokal für die benachbarte städtische Bevölkerung (eine ausführliche Chronik finden Sie weiter unten auf dieser Seite).
Zu allen Zeiten war das „Bauernhaus“ ein Ort für gesellige Feiern aus freudigen und auch traurigen Anlässen, für den Plausch nach Feierabend und für die Erholung nach ausgedehnten Wanderungen oder Radtouren.
Auch als Versammlungsort für Vereine und Interessengruppen, zur Pflege von Hobbys und für kulturelle Veranstaltungen erfreut sich das „Bauernhaus“ großer Beliebtheit.
Hier erwartet Sie ein gepflegtes Getränkeangebot, leckeres Essen aus der Bauernhausküche, unser legendärer selbst gebackener Kuchen und ein unkomplizierter und freundlicher Umgang mit Ihnen als Gast.
Das „Bauernhaus“ ist wie folgt für Sie geöffnet:
Montag und Dienstag | Ruhetag | ||
Mittwoch bis Sonnabend | ab 14.00 Uhr | Küchenschluss 22.00 Uhr | |
Sonn- und Feiertage | ab 10.00 Uhr | Küchenschluss 19.00 Uhr |
An allen Feiertagen ist die Gaststätte geöffnet. Wenn ein Feiertag auf einen Montag oder Dienstag fällt, verschieben sich die Ruhetage entsprechend.
Am 24. und am 31.12. bleibt die Gaststätte geschlossen.
Für besondere Anlässe – auch außerhalb der normalen Öffnungszeiten – sind wir sehr fexibel. Rufen Sie uns einfach an.
Unser Team wünscht Ihnen im traditionsreichen „Bauernhaus“ einen angenehmen Aufenthalt.
Wenn Sie Fragen, Anregungen oder Wünsche haben, zögern Sie nicht, unsere Mitarbeiterinnen anzusprechen.
Chronik der Gaststätte „Zum Bauernhaus“
Zusammengestellt von der Geschichtswerkstatt des Vereins Leben in Biestow e.V.
Während des Dreißigjährigen Krieges, am 22. Juni 1631, war das Dorf Biestow durch die in Rostock liegenden kaiserlichen Truppen fast völlig zerstört worden. Im darauffolgenden Jahr wurde das alte, ursprüngliche „Bauernhaus“ auf dem Grundstück der heutigen Gaststätte als Fachwerkhaus neu errichtet und diente als Bauernhof. Lange Zeit wurde die Bauernstelle von einer Familie Beese bewirtschaftet.
Spätestens ab dem Jahr 1762 ist auch die gastronomische Nutzung der Bauernstelle aktenkundig. In diesem Jahr muss sich der Schulze und Krüger Hans Beese vor dem herzoglichen Konsistorium zu Rostock wegen „profanationis sabbathi“ (Sonntagsentheiligung) verantworten. Laut Ermittlung soll er „am 13. Sonntage nach Trinitatis daselbst in seinem Hause, dem Kruge, einen Bollen verspielet, wobey er Spiel gehabt, getantzet und Brannt gesoffen worden“.
Um die schwerwiegende Anklage zu entkräften, gibt Beese eine abenteuerliche Geschichte zu Protokoll: Als Schulze sei er verpflichtet, für die Dorfschaft einen Bullen zu halten, diesen hätte er auch besorgt, „derselbe aber wäre von den Biestower Ochsen alsbald zu Schanden gestoßen“ worden. Um seinen Schaden wettzumachen, habe er das Tier geschlachtet, zerlegt und in den benachbarten Dörfern die Verlosung des Fleisches angekündigt. Leider sei der Plan auch in Rostock bekannt geworden, so dass sich am 5. September eine große Zahl Interessenten eingefunden hätte. Darunter sei auch ein Wachtmeister der herzoglichen Garde gewesen, zusammen mit „zween Reütern“, die nach Musik und Tanz verlangt hätten. Er habe noch versucht, dieses zu unterbinden, die Leute aber hätten einfach losgelegt.
Beim Domanialamt Schwaan hatte man zwar in Erfahrung gebracht, dass außer dem Branntwein auch noch „eine Tonne Bier ausgetrunken worden“ sei (das entsprach der damals zulässigen Menge für eine Hochzeitsfeier), er habe sich aber „besonders auch dadurch Unfreude gemacht, daß er keinen genugsahmen Vorrath von Bier als Krüger zurhandt gehabt“ hätte. Geendet habe die Veranstaltung schließlich, als die Leute „mit Mißvergnügen, wegen des Bier-Mangels, davon gegangen“ seien.
Da Beeses übernächster Nachbar Peter Dassow (heute Am Dorfteich 14) an Eides statt bestätigen kann, „daß vorstehende des Schultzen Beesen Deposition in allem mit der Warheit einstimment wäre“, und wegen des Kompetenzgerangels zwischen der domanialen Amtsverwaltung und dem Konsistorium wird die Anklage schließlich vom Herzog persönlich niedergeschlagen: „Es soll demnach, nicht in Betracht deiner fehlsamen Äußerung, sondern anderer Uhrsache wegen, die fiscalische Anstellung wieder den Schultzen Bese diesesmahl sistiret seyn.“
Bauer Beese kam also mit einem blauen Auge davon.
Der Bauer und Krüger Hans Beese war offenbar bei seinen gastronomischen Aktivitäten sehr erfolgreich, denn bereits im Jahr 1789 lässt sein Sohn Hinrich das alte Wohn- und Krughaus durch einen neuen zweistöckigen Landkrug als strohgedeckten Fachwerkbau mit angebautem Wirtschaftsteil ersetzen. Im Erdgeschoss befindet sich die Gaststube mit vorgesetzter Veranda und im Obergeschoss ein geräumiger Saal.
Dieser für mecklenburgische Verhältnisse außergewöhnliche Bau erforderte allerdings die Zustimmung von höchster Stelle. Interessant ist der besondere Nutzen, den das herzogliche Kammerkollegium in seiner wohlwollenden Vorlage vom 4. März 1789 für den Bau anführen kann:
„Unterschriebene legen hieneben den von den Beamten zu Svaan eingereichten Bericht über den Bau eines Wohnhauses für den Schulzen Beese zu Biestow und den daran gefertigten Riß unterthänigst vor und fragen dabey submissest an: ob wider die sonstige Ueblichkeit, wegen der angeführten Gründe, der Bau in der vorgeschlagenen Maaße bewilliget werden soll? Nimmt man auf die nach Rostock verlegt werdende Academie Rücksicht und daß in der Nähe um diesen Orte fast gar keine Wirthshäuser sind, wo die Studenten sich zuweilen auf dem Lande vergnügen können, so scheint dieser Bau fast Bedürfniß zu seyn, und es ist immer sehr annehmlich, daß wegen der guten Umstände des Schulzen der Bau so wenige baare Kosten verursachen wird.“
Eigentlich hätten für den Neubau Gelder und Baumaterialien durch die herzogliche Verwaltung bereitgestellt werden müssen, da zur damaligen Zeit in Mecklenburg die leibeigenen domanialen Bauern nicht Eigentümer, sondern nur Zeitpächter ihrer Höfe waren. Beese hatte wohl zugesichert, einen Großteil der Kosten selbst zu übernehmen.
Am 7. März 1789 werden die eingereichten Baupläne mit einer kleinen Änderung von Herzog Friedrich Franz I. genehmigt:
Sicherlich hat die vom Kammerkollegium erwähnte und im April 1789 vollzogene Wiedervereinigung der Bützower „Academie“ mit der Universität zu Rostock zu einem neuen Zulauf von „vergnügungswilligen“ Studenten zum Biestower Gasthaus geführt. Es zeigt sich aber bald, dass das erweiterte Angebot für alle Rostocker gedacht ist, die sich in der ländlichen Sommerfrische erholen oder bei Musik und Tanz im neuen Krug feiern wollen.
Denn bereits im Mai des darauffolgenden Jahres fühlt sich der herzensgute und sehr fromme, den weltlichen Vergnügungen aber eher abgeneigte Biestower Pastor Otto Ernst Christian Wiggers genötigt, einen Brandbrief an seinen obersten Dienstherrn, den Herzog, zu richten.
Er schreibt: „In dem abgewichenen Jahre ist dem hiesigen Schultz ein neues Haus erbaut, und in demselbigen solche Einrichtung gemacht worden, daß es zu vielem Verkehr und anzustellenden Lustbarkeiten aus der Nähe der Stadt Rostock Gelegenheit gibt. Eine Sache, die mich an und für sich nicht gar zu sehr beunruhiget hätte, wenn nur hieraus nichts nachtheiliges und unschickliches für Religion und Gottesdienst, weil dies Haus nahe bey der Kirche und Schule liegt, zu besorgen wäre.
Würklich versprach mir dieses der Mann, da ich ihm die Reden vieler anvertrauete, daß sie den in seinem Hause angelegten Saal zu Lustbarkeiten, Tanzen und Spielen, und zwar am Sonntage, gebrauchen wollten.
Aber dieses Versprechen, so gut es auch war, ward gleich im Winter gebrochen, als das Haus nur einigermaßen fertig war. Denn es ward sofort mit lärmendem Geräusch, Spielen und Tanzen eingeweyht, und nachher noch andere Anordnung gemacht, die einen beständigen Fortgang gleicher Vorkommenheiten verrathen.“
Welcher Art diese „Anordnung“ war, hat der Pastor leider nicht mitgeteilt. Er zitiert dann ausführlich alle einschlägigen Verordnungen, z. B. „Zur Abstellung aller Ueppigkeiten“ und zur „Besseren Feyer der Sonn- und Festtage“ von 1782 und 1788, die den Plänen des Hinrich Beese eigentlich entgegenstehen.
Doch dann gerät des Pastors „Herz aufs neüe in Erstaunen und Traurigkeit, indem sich dieser Tage das allgemeine Gerücht verbreitet: daß oftbenannter Beese sich herausgenommen und entschlossen, Euer Herzoglichen Durchlauchten schriftlich anzutreten und zu bitten, daß ihm die Erlaubnis ertheilet werden möge, auch an Sonntägen Spiel und Musik in sein Haus zu nehmen – und also dadurch eine gantze Gemeine in der ruhigen Feyer ihres Gottesdienstes zu stöhren“ – zumal er mit seinen religiösen Amtshandlungen von Sonnabendmittag bis zum späten Sonntagnachmittag beschäftigt sei.
Der Pastor ist überzeugt, dass „unter solchen Umständen alles in Tumult und Verwirrung gerathen würde, und einer jeden Religionshandlung ihre Würde beraubt werde – da selbst der Schultz noch das Amt würden im Stande seyn, der Zügellosigkeit der Rostocker aus der niedern Classe Schranken zu setzen, wenn einmahl der Damm äußerlicher Sittsamkeit weggerissen worden.“
Zum Beweis beschreibt er ausführlich die schlimmen Vorkommnisse während der Konfirmationsfeier am vergangenen Palmsonntag und beschließt seinen Brief mit dem Hinweis: „Überdem hat der Schultz an den Werkeltagen so vielen Verkehr und sein gutes Brodt, daß ihn blos die Gewinnsucht oder die Anreitzung irreligiöser Menschen, die gerne alle moralische Fesseln der Religion zerbrechen mögten, antreiben kann, sich am Sonntage auf Kosten der Religion und der ihr noch zugethanenen Mitchristen noch mehr zu bereichern.
Sollte aber denselben der Verlust dieses unrechtmäßigen Einkommens wider Verhoffen zu sehr schmerzen, und er hieran durch mich beeinträchtiget zu seyn glauben sollte, so bin ich gerne erböthig, ihm die Helfte seiner Pacht an das Schwaansche Amt für den angeblichen Krug, welche dem Verlaute nach aus 6 Reichsthalern jährlich bestehen soll, zu ersetzen – und will lieber dafür darben, als ein ruhiger Zuschauer der Ärgernisse zu seyn, die sich gantz zuverlässsig durch das Vorhaben des Schultzen über diese gantze Gemeine, ihre Kinder und Nachkommenschaft zu ihrem geistlichen und leiblichen Nachtheil – ja über meine gantze sonntägliche Amtsführung verbreiten würde.
Wie denn auch unläügbar ist, und die Geschichte beweiset: daß, wenn die göttlichen Gesetze, zu welchen auch die Feyer des Sonntags gehöret, untergraben und unkräftig gemacht werden, alsdann auch die weltlichen zuletzt gekränkt, und nicht geachtet werden.“
Von Herzog Friedrich Franz I. ergeht 3 Tage später die Anweisung an seine Beamten, darauf zu achten, „daß von dem Schulzen zu Biestow Unsern ergangenen Patent-Verordnungen keinesweges entgegen gelebet werde, vielmehr jede Contravention sofort nach Vorschrift der Gesetze zu bestrafen, und den Schulzen davor jetzt zum voraus obrigkeitlich zu warnen.“
(Landeshauptarchiv Schwerin, Bestand 2.21-1, Nr. 9641)
Dass sein Vorgänger, Herzog Friedrich der Fromme, nicht nur die Belange der Kirche im Blick hatte, sondern sich auch um das weltliche Wohlergehen seiner Untertanen zumindest bemühte, erhellt eine im November 1782 verfasste Erläuterung der Verordnungen zur Sonntagsruhe:
„Vielmehr mag dem geringen Manne — jedoch anders und eher nicht als nach gänzlich geendigtem öffentlichen Gottesdienste — zur Sommers-Zeit bis 9, im Winter aber nur bis 8 Uhr, auch in den Wirthshäusern Getränke feil seyn. Jedoch daß dabey über Mäßigkeit und Stille mit äußerster Strenge gehalten, und kein ohnehin verbotenes und unanständiges Vollsauffen, kein Bierfiedeln, Tanzen, Singen, Schreyen oder Schwärmen, Doppeln und Spielen, gestattet werden soll.“
„Doppeln und Spielen“, insbesondere Glücksspiele („Hazard-Spiele“ wie Bassette, Pharao, Quinze, Biribi, Cavagnole, Trentequarante usw.) waren damals weit verbreitet und bereits seit 1766 in allen mecklenburgischen „Wein-, Caffee-, Bier- und anderen publiken Häusern“ ganz allgemein verboten:
Nach dieser Verordnung hätte Beese als Wirt und als Ortsobrigkeit in doppelter Verantwortung gestanden, das Verbot auch in seinem Krug durchzusetzen. Doch hat Schulze Beese wohl öfters „durch die Finger gesehen“ und selbst leidenschaftlich dem Kartenspiel gefrönt – allerdings mit so wenig Erfolg, dass sich sein Unvermögen bald als geflügeltes Wort verbreitete:
„Dei Schult von Biestow kann mit gaur Karten ok spelen“
(Mit guten Karten kann sogar der Schulze von Biestow spielen)
So hat Beese auf seine Weise das Dörfchen Biestow weit über die Grenzen Mecklenburgs hinaus bekannt gemacht. Heute wird im „Bauernhaus“ zwar immer noch das Kartenspiel gepflegt, dabei geht es aber mehr um geselliges Beisammensein, Ranglistenpunkte und sportlichen Erfolg, wie man in diesem kleinen Filmausschnitt vom Vorsitzenden des Skatclubs SC Hansa Rostock erfahren kann.
Der Bauer, Schulze, Kirchenvorsteher und Krüger Hinrich Beese ist im Jahr 1800 verstorben. Sein Grab, das er sich mit seiner Ehefrau Wendula Sophia teilt, ist mit der Grabplatte im Mittelgang der Biestower Kirche bis heute erhalten geblieben. Sein Nachfolger im Bauernhof, Amt und Krug wurde sein Sohn Jacob Hinrich Beese (1784 – 1855).
Wie man der zeitgenössischen Literatur entnehmen kann, hat sich zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts das Dörfchen Biestow als Ausflugsziel für die benachbarte städtische Bevölkerung fest etabliert.
In Rostock hegt man z. B. am 27. September 1840 bereits Befürchtungen, dass „der bisher zu Spazierritten und Spazierfahrten viel benutzte Weg über Bistow und Barnstorf nach Bramow“ zukünftig wegen einer an der Kreuzung mit der neuen Doberaner Chaussee eingerichteten Abgabestelle nicht mehr kostenlos benutzbar sein würde.
Und Gustav Hempel schreibt in seinem im Jahr 1843 erschienenen „Handbuch des Meklenburger Landes“: „Biestow, incamerirtes Dorf, zum Rostocker Distrikt gehörend, ist freundlich gebauet und hat eine Pfarrkiche, Schule, 8 Bauern, 3 Büdner (zwei davon gehören der Kirche), Krug und 197 Ew. – Von den Rostockern werden oft ländliche Excursionen nach Biestow gemacht.“
Sicherlich war zu dieser Zeit bereits das Biestower Gasthaus ein beliebter Zwischen- oder Abschlusspunkt der „ländlichen Excursionen“ und ein geeigneter Ort für Feste und Feiern aller Art. Berichtet wird auch von Rostocker Studenten, die ihre feuchtfröhlichen Auszüge aus der Stadt zuweilen in Biestow beendeten. Wie durch den Heimatforscher Richard Wossidlo überliefert wurde, soll sogar der Großherzog persönlich anlässlich eines Biestower Pferdemarktes („groten Piermarkt“) ein Tänzchen auf den Dielenboden des „oll‘ Buerhuus“ gelegt haben:
In Rostock fand traditionell während des 13-tägigen Pfingstmarktes am 2. Montag nach Pfingsten ein Vieh- und Pferdemarkt statt. Dass ein „inoffizieller“ Pferdemarkt („Vormarkt“) bereits am Sonnabend zuvor in Biestow rund um das „Bauernhaus“ veranstaltet wurde und dass in demselben auch Übernachtungsmöglichkeiten angeboten wurden, hat Wossidlo auf einem weiteren Zettel notiert: „Sünnabend vor 2. Pingst-Mandag sünd de Handlers na Biestow wast mit dreejöhrig Fahlen ut Hannover. Dee sünd dann de Nacht dorbläben in dat ol‘ Buerhuus un hebben dor vorher (vor Rostock) Geschäft makt. De Vormarkt is in Biestow wast. Naher sünd se na Rostock wiederrast.“
Weitere Nachrichten aus dem 19. Jahrhundert sind dürftig.
In der Nacht vom 13. auf den 14. November 1852 wird der Bauer und Krugbesitzer Beese Opfer eines dreisten Diebstahls. Ihm werden „sechs fette Gänse aus der Bucht im offenen Wagenschauer entwendet, neun Stück dagegen von den Dieben getödtet und in der Bucht zurückgelassen. Thäter unbekannt“.
Während vor rund 170 Jahren die „Thäter“ nicht ermittelbar waren, konnte in jüngster Zeit der Diebstahl sämtlicher Laufenten und mehrerer Hühner aus dem „Bauernhaus“-Garten eindeutig geklärt werden – sogar mit Beweisfoto:
Den Großherzog Friedrich Franz II. kann Bauer Beese am 29. November 1863 anlässlich der Wiedereinweihung der restaurierten Kirche in seiner Gaststätte begrüßen: „Bei dem Hauswirth Beese, wo auch der Krug ist, wurden die Kirchenvorsteher und die beim Bau thätig gewesenen Handwerker bewirthet. Diese beehrte Seine Königliche Hoheit mit Seinem Besuche, ließ sich viele vorstellen und unterhielt Sich mit ihnen sehr huldvoll.“
Nach Angaben im Mecklenburg-Schwerinschen Staatskalender bleibt der Beesesche Krug bis mindestens 1869/70 bestehen. Danach wurde der Krugbetrieb, vermutlich wegen Todes des Hofbesitzers Hans Carl Beese im Mai 1869, eingestellt. Der landwirtschaftliche Betrieb wird von seinem Bruder Johann Hinrich Beese weitergeführt.
Möglicherweise wurde der Krug nicht neu konzessioniert, da auf Grundlage der neuen Gewerbeordnung, „um die Zahl der Branntweinschänken auf das Maaß des Bedürfnisses zu beschränken“, in Mecklenburg ab 1. Oktober 1869 „die Ortsobrigkeiten die Erlaubniß zum Ausschänken von Branntwein von dem Nachweis eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig zu machen“ hatten. Die „Ortsobrigkeit“ war in diesem Fall der gerade amtierende Schulze Kempe.
In der zeitgenössischen Literatur gerät der Biestower Landkrug bald darauf in Vergessenheit. Während Wilhelm Raabe in der im Jahr 1857 erschienenen „Mecklenburgischen Vaterlandskunde“ den Krug noch erwähnte, berichtet Gustav Quade in seiner im Jahr 1894 herausgegebenen Neuauflage des Werkes nur noch von einem in Biestow „als Seltenheit“ vorhandenen „zweistöckigen Bauernhaus mit Strohdach“. Offenbar war die Kenntnis um die einstige Funktion als Dorfkrug und Ausflugsgaststätte bei Quades Korrespondenten (evtl. dem neu zugezogenen Pastor Niemann) bereits verloren gegangen.
Im Jahr 1903 werden die gesamten Hof- und Ackerflächen der Beeseschen Erbpachthufe Nr. IV von der letzten Gehöftserbin, der kinderlosen Witwe Sophia Maria Dorothea Beese, an den Gutspächter Aemil Ritter auf Damerow verkauft.
Ritter hatte im Jahr 1880, zusammen mit einem Finanzier und dem Biestower Erb- und Pfarrpächter Beutin, das „Rostocker Abfuhrinstitut“ gegründet. Der Geschäftszweck des Unternehmens bestand in der Entsorgung der Rostocker Fäkalien und deren Aufbereitung zu hochwertigem Dünger. Nun benötigte er zusätzliche Ackerflächen zur nutzbringenden Verwertung der enormen Düngermengen.
Das Torhaus am südlichen Hofeingang zierte die Inschrift: „Und wenn die Welt voll Teufel wär‘ und wollten uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, Gottes Reich muß uns doch bleiben. Hinrich Beese, den 5. Julius 1805.“
Aemil Ritter bemerkte dazu: „Man könnte vermuten, daß der Vers aus dem Lutherliede auf eine besondere Frömmigkeit des Hinrich Beese hindeute. Die Überlieferung will jedoch wissen, daß mit den Teufeln die Familie des Nachbarn gemeint ist.“
Heute jedenfalls leben die Nachbarn in zufriedener Eintracht zusammen.
Die Witwe Beese verstirbt im August 1905. Im gleichen Jahr lässt Ritter die Ackerflächen der Hufe IV parzellieren zwecks Einrichtung neuer Büdnereien und Häuslereien sowie zur Bereitstellung von Gemeindeland, u. a. zum Bau einer neuen Schule. Die Resthufe wird fortan von dem neu errichteten Kringelhof aus bewirtschaftet. Die alten Fachwerke der Wirtschaftsgebäude und des Torhauses werden abgebaut und teilweise zur neuen Hofstelle versetzt.
Der alte Hof mit dem Kruggebäude und dem Backhaus wird als Büdnerei No. XVI weitergeführt. Das Dach des „zweistöckigen früheren Krughauses“ lässt Ritter mit einem von ihm selbst produzierten „feuersicher imprägnierten Gernentz-Strohdach“ neu eindecken. Dieses Dach wird einige Jahre später zum Anschauungsobjekt einer Sachverständigenkommission:
In Mecklenburg waren seit Januar 1879 bei neu errichteten Wohnhäusern Rohr- oder Strohdächer eigentlich verboten. Aufgrund des positiven Kommissionsberichtes wurde ab Oktober 1909 eine „weiche“ Dacheindeckung mit solchen feuerhemmend imprägnierten Strohplatten ausnahmsweise wieder erlaubt. Die feuerhemmende Wirkung war jedoch, wie sich später – leider – herausstellen sollte, nicht von langer Dauer.
Im Jahr 1907 war der Krug kurzzeitig von einem gewissen Karl Düwel angemietet und als Ausflugslokal neu eröffnet worden. In diesem Jahr existierten in Biestow erstmals drei Gasthäuser: neben Düwels alkoholfreiem Restaurant und einer im Jahr 1898 auf der Büdnerei 10 am Dorfteich eingerichteten „Schenkwirthschaft“ noch das im Jahr 1905 eröffnete, ebenfalls alkoholfreie „Gesellschaftshaus Biestow“ von Wilhelm Hadler am Biestower Damm 22 (ehemalige Häuslerei 19).
Der Rostocker Anzeiger vom 30. Juni 1907 vermeldete: „Den geehrten Herrschaften von Rostock und Umgegend empfehle zu Ausflügen mein neu eröffnetes Restaurant ‚Bauernhaus‘ in Biestow. Großer Garten mit Veranda. Ausschank von alkoholfreien Getränken. Kaffeekochen gestattet. Karl Düwel“
Der Hinweis „Kaffeekochen gestattet“ bezog sich auf den verbreiteten Brauch, dass Gäste sich das mitgebrachte Kaffeepulver selbst aufbrühen durften. Bezahlt werden musste nur für die Benutzung der Kannen und Tassen und für das heiße Wasser.
Nach nur einem Sommer ist es mit der Ausflugsgaststätte schon wieder vorbei, denn ab 1908 befindet sich die Büdnerei 16 mitsamt dem Kruggebäude im Besitz der Familie Niekrenz. Fritz Niekrenz aus Klingendorf erwirbt die Bauernstelle, um seinem Sohn Hermann, einem gelernten Gärtner, den Aufbau einer eigenen Gärtnerei zu ermöglichen. Hermann betätigt sich auch als Landschaftsgärtner. Viele der heute noch vorhandenen alten Bäume in den benachbarten Gärten, auf dem Friedhof oder im Hof der benachbarten neuen Schule wurden von ihm angepflanzt.
Da sich die Qualität des in der Biestower Gärtnerei produzierten Gemüses schnell herumspricht, kann Hermann bald auch viele Privathaushalte mit seinen Erzeugnissen beliefern. Bei dieser Gelegenheit lernt er die bei einem Rostocker Arzt als Köchin beschäftigte Wally Salow kennen und verliebt sich in sie. Die erst 20-jährige Wally erwidert die Gefühle, möchte aber auch in Zukunft in ihrem erlernten Beruf tätig sein.
Und so beschließt das junge Paar, den traditionsreichen Krug zu neuem Leben zu erwecken: Hermann soll sich weiter um die florierende Gärtnerei kümmern, während Wally in der Gaststätte das Sagen hat. Auf einen entsprechenden Antrag hin wird mit amtlichem Schreiben vom 13. April 1912 dem „Herrn Niekrenz jun.“ die „Erlaubnis zum Betrieb der vollen Gastwirtschaft mit Ausschank von Spirituosen auf der Büdnerei Nr. 16 zu Biestow erteilt“ und um Rückmeldung bei „Eröffnung des Betriebes“ gebeten.
Im November 1912 findet die Trauung von Wally und Hermann statt und im Frühling 1913 ist im Rostocker Anzeiger zu lesen: „Biestow. Restaurant zum alten Bauernhaus. Empfehle meinen schattigen Garten für Ausflügler zur gefälligen Benutzung. Kaffee und Kuchen. Niekrenz.“
Für das Jahr 1913 notierte sich Ludwig Krause, Zweiter Stadtarchivar Rostocks: „Niekrenz betreibt auch eine Gärtnerei, deren Produkte er nach Rostock absetzt. Er hat gute Sachen und ist nicht teuer, daher hat er für Gartenfrüchte, Gemüse, Blumen etc. in der Stadt reichlich Kunden. Er hat ja übrigens nicht bloß alkoholfreie Getränke, sondern auch Bier, Schnaps etc.“
Bereits Ende September 1913 wird im Hause Niekrenz das erste Töchterchen Mariechen geboren. Das unbeschwerte Familienglück währt allerdings nicht lange, denn im August 1914 beschließen die Staatenlenker Europas, einen Weltkrieg anzuzetteln und Hermann wird nach Frankreich abkommandiert. Als überzeugter Sozialdemokrat hat Hermann Niekrenz anscheinend, im Gegensatz zu seinem Pastor, die Vorstellung des „alten Erbfeindes“ und „rachsüchtigen Frankreichs“ nicht allzusehr verinnerlicht, denn als Ende September 1914 die zweite Tochter geboren wird, lässt er sie, wohl aus Sympathie für die Franzosen, auf den Namen „Franziska“ taufen.
Während des Krieges muss Wally nun, mit Unterstützung ihrer Schwiegerelten, Landwirtschaft und Gaststätte alleine führen.
Zwei Monate vor Kriegsende wird die dritte Tochter Anni geboren und im Oktober 1919, Hermann hatte das Gemetzel körperlich unversehrt überstanden, kommt noch Hermann junior dazu. Im April 1924 verstirbt Fritz Niekrenz und seine Frau Sophia zieht zu dem zweiten Sohn nach Rostock
Am 24. April 1928 gerät das alte strohgedeckte Fachwerkgebäude bei Dachdeckerarbeiten in Brand, ausgelöst vermutlich durch Funkenflug von einer frei hängenden Stromleitung.
Der Rostocker Anzeiger berichtete: „Am Dienstag mittag brannte in Biestow die bekannte Gastwirtschaft ‚Zum alten Bauernhaus‘ total nieder. Vom Amte Rostock wurde die Satower Motorspritze eingesetzt. Mit Hilfe dieser und der umliegenden, auch am Brandplatze erschienenen Wehren konnte das Feuer auf seinen Herd beschränkt und die umliegenden mit Stroh gedeckten Gebäude geschützt werden. Ein Teil der Lebensmittel, Fleischwaren und Vieh wurde gerettet.“
Der damals amtierende Pastor Voß beklagte den Verlust im Gemeindeblatt „Unsere Heimatkirche“ bitterlich: „Es ist dies Brandunglück sehr bedauerlich. Nicht nur, weil die fleißigen, braven Bewohner des Hauses in tiefe Bedrängnis geraten sind, sondern auch, weil das Haus gar nicht wieder zu ersetzen ist. Unsere alten niedersächsischen Bauernhäuser stellen einen ganz besonderen Typ in der Baukunst dar, der unserer Landschaft ihren eigentümlichen Charakter gibt und ihr Schönheit verleiht. Allmählich verschwindet leider eins nach dem anderen und wird durch nichtssagende charakterlose Häuser ersetzt, die meistens gar nicht in ihre Umgebung hineinpassen und das Landschaftsbild stören.
Das abgebrannte Bauernhaus gehörte noch zu der alten Art von Altbiestow, hatte aber doch seine Besonderheit. Als zweistöckiger Bau stand es im ganzen Lande einzig da. Und wo man vom ‚niedersächsischen Bauernhaus‘ las oder einen Vortrag hörte oder Lichtbilder sah, da wurde auch des zweistöckigen ‚alten Bauernhauses‘ in Biestow Erwähnung getan.
Fein paßte es in die Umgebung unserer Kirche hinein mit seinem Fachwerkbau aus zähen Eichenständern, seinem hohen Strohdachgiebel und dem weiten Hof und Gartenraum, in dem es lag. Manches Mal hat es auch unsere Gemeinde beherbergt, z. B. als wir hier den Propsteitag hatten und noch im vorigen Jahr, als wir das Missionsfest unter den Bäumen seines Gartens feierten, und die Räume des Hauses uns unerschöpflichen Vorrat an Kaffee und Kuchen zukommen ließen. Wer zur Kirche kam, hatte seine Freude daran, denn das Haus gehörte einfach in die Umgebung der Kirche hinein. Jetzt wo es nicht mehr ist, werden wir es sehr vermissen. Wieder ist etwas vom guten Alten unwiederbringlich dahin.“
Zur Brandursache berichtete der Pastor: „Morgens um ½11 Uhr bei strahlendem Sonnenschein ging draußen am Hause das Feuer aus bisher ungeklärter Veranlassung auf. Vom Decken der Vorderseite des Hauses lag altes Dachstroh am Boden. Dort ist vermutlich das Feuer entstanden. Es ergriff dann altes Stroh, das in einem Baum vor dem Haus hängen geblieben war, und sprang von dort auf das Dach über.“ Offensichtlich hatte das „alte Dachstroh“ von Ritters „feuersicher imprägnierten Gernentz- Strohdach“ seine brandhemmende Wirkung bereits vollständig verloren.
Nach dem Rückbau der Brandruine bis auf die Grundmauern wird schon am 29. Mai an gleicher Stelle mit dem Wiederaufbau begonnen. Die Familie findet eine vorübergehende Unterkunft unter dem Dach des benachbarten alten Küster- und Schulhauses am Biestower Damm 55/55b (heute als Wohnhaus ausgebaut) und das gerettete Vieh wird im dazugehörigen Küsterstall untergebracht. Während der Bauarbeiten wird der Betrieb des Bier- und Kaffeegartens aus einem Behelfsschuppen heraus aufrechterhalten. Kaffee und Kuchen werden im Schulhaus zubereitet und über die Straße zu den Gästen gebracht.
Da sich die Brandversicherung sehr zugeknöpft gezeigt hatte (angeblich lag kein Totalschaden vor), müssen die vorhandenen finanziellen Mittel vorrangig zur Wiederherstellung des Gaststättenbereiches verwendet werden. Für die privaten Bedürfnisse der sechsköpfigen Familie reicht es dann nur noch zu einer kleinen Wohnstube im Erdgeschoss und zu den Schlafräumen unterm Dach. In Rekordzeit schafft es die Baufirma Winkler aus Klein Schwaß, den Neubau so weit herzurichten, dass er bereits im September des gleichen Jahres genutzt werden kann.
Im Jahr 1984 wird die Gaststätte aus Altersgründen vorübergehend geschlossen und im Juni 1997 nach umfangreichen Renovierungsarbeiten von der jetzigen Wirtin wiedereröffnet. Seit 1994 gehört das „Bauernhaus“ zum denkmalgeschützten Ensemble des alten Dorfkerns von Biestow.
Die Chronik wird laufend ergänzt und erweitert. Wenn Sie bei sich noch interessante Texte oder Fotos finden, können Sie sich gerne an den Verein „Leben in Biestow e.V.“ oder an die Wirtin der Gaststätte „Zum Bauernhaus“, Frau Niekrenz , wenden.
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